KONY2012: Joseph Kony muss Awareness erhalten
Die Kampagne „KONY 2012“ dürfte bereits jetzt in die Geschichte eingehen als das Paradebeispiel für Viralität. Das Video mit dem die Organisation „Invisible Children“ auf die Greueltaten in Uganda, welche von Joseph Kony und dessen paramilitärische Gruppe Lord’s Resistance Army ausgehen soll, aufmerksam machen möchte, ist seit dem 5. März – also seit 4 Tagen – online und hat bereits 57.000.000 Views auf Youtube und 15.000.000 auf Vimeo.
“The next 27 minutes are an experiment. But in order for it to work, you have to pay attention.”
„Kony 2012 funktioniert wie eine kleine Gehirnwäsche, nach der man sich aber erfrischt fühlt!“
Im Hyperland Blog analysiert Julius Endertsehr genau, welche psychologischen Tricks die Gründer der Organisation, Jason Russell und Laren Poole, angewendet haben und warum der halbstündige Film so oft geshared wird.
Aufgebaut ist er nach einem nahezu klassischen Drehbuch in Hollywood-Manier. Fast schon holzhammermäßig beginnt er mit einer Geburt. Über den kleinen Sohn des Autors auf der einen und den als Kindersoldat missbrauchten Jacob auf der anderen Seite werden sehr schnell emotionale Bindungen zum Zuschauer geknüpft, die in starkes Mitgefühl münden, wenn das grausame Schicksal des Jungen aus Uganda klar wird.
Alles böse wird immer weiter gesteigert und auf eine einzige Person gebündelt: Joseph Kony.
Sie steigern sich bis zum Ende und werden mit einer Handlungsaufforderung (Spenden oder das Video empfehlen) aufgefangen. Der Zuschauer bekommt also die Gelegenheit, seine über fast 30 Minuten aufgebauten Emotionen über eine Handlung abzuleiten.
Zentrales Element: Kony muss unbedingt solch eine Awareness bekommen um so fame zu sein, dass die Politiker gewissermaßen gezwungen sind zu handeln. Taktisch nicht ohne Grund dürfte auch der Zeitpunkt jetzt vor den Wahlen in den USA sein.
Die gesamte Thematik ist weitaus komplexer als im Film dargestellt. Doch ist Propaganda im positiven moralisch in Ordnung? Ist es ok, wenn die Gründer und Filmemacher der Organisation finanziell ebenfalls von der Aktion profitieren? Ist es sinvoll die Gegner Konys mit Waffen auszustatten? Dies würde in dem Bewusstsein geschehen, dass dabei viele Kinder als menschliches Schutzschild Konys wahrscheinlich sterben würden. Zudem ist umstritten, dass die Festnahme bzw. der Tod Konys die Lage in Urganda spürbar verbessert. Angeblich soll sich Kony sowieso dort nicht mehr aufhalten. Welche Fäden er noch in der Hand hält ist unbekannt.
Ich denke, dass jede Aktion, die die Lage dort verbessert, oder zumindest das ehrliche Ziel hat, die Lage dort zu verbessern unterstützenswert ist. Das Video berührt die Menschen und bringt sie dazu „aktiv“ zu werden. Alternativ zum „original“ Aktion-Kit kann man übrigens auch selber kreativ werden und am Aktionstag (20.04.2012) auf die Umstände aufmerksam machen.
Weiterführende Links:
Hyperland – Kony 2012 oder die erste Online-Treibjagd auf einen Verbrecher
Zeit Blog – KONY 2012: Mit Social Media gegen den Völkermörder?
Vice – Soll ich Geld an Kony 2012 spenden oder nicht?
Wikipedia – Joseph Kony
Wikipedia – Rebellengruppe Lord’s Resistance Army
KONY 2012, viewed critically
Reaktion von InvisbleChildren auf die Kritik
Spreeblick – KONY2012 und Invisible Children
the guardien – Kony 2012: what’s the real story?
Urganda und seine Ölvorkommen
Wall Street Journal – Kony 2012: How the Clip Caught Fire
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