Lassen sich Amokläufe verhindern?
Nach dem Massaker von Winnenden, bei dem der 17-Jährige Tim Kretschmar Amok gelaufen ist und dabei 15 Menschen und sich selbst umgebracht hat, entbrannte eine neue Sicherheitsdiskussion, wie nach dem Amoklauf von Erfurt 2002. Aber lassen sich Amokläufe verhindern? Was muss geschehen, damit ein junger Mann Amok läuft? Sollten Killerspiele verboten werden? Brauchen wir noch schärfere Waffengesetzte? Was können Eltern, Lehrer und Freunde tun? Es gibt kein Patentrezept, es wird nie eine 100-prozentige Sicherheit vor Amokläufen geben.
Fast schon reflexartig wird nach dem Amoklauf erneut ein Verbot von „Killerspielen“ gefordert. Doch sind die Spiele Ursache für einen Amoklauf? „Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass Computerspiele zu Gewalthandeln führen“, sagt Bernd Schober, Medienpädagoge in einem Focus-Interview. Weiter erzählt er, dass die Schuldverlagerung auf die Medien einfach und plausibel sei. Komplexe Zusammenhänge seien schwerer zu vermitteln. Außerdem gehe es bei den Killerspielen nicht um den Genuss des Tötens, sondern um den Wettkampf. Der BIU (Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware) betont, dass Computerspiele mittlerweile Teil des Alltags von Jugendlichen seien. „Wenn nun von allen gefordert wird, gewalthaltige Computerspiele zu verbieten, geht die öffentliche Diskussion in eine falsche Richtung“, meint der Verhaltensbiologe Bensel.
Sollte man sich also vielmehr um die echten Waffen kümmern? Es gibt in Deutschland rund zwei Millionen legale Waffenträger. Deutschland hat eines der strengsten Waffengesetze der Welt. Dennoch diskutieren Politiker über eine erneute Verschärfung des Waffenrechts. Wolfgang Dicke, Waffenexperte der Polizeigewerkschaft, meint aber: „Unser Waffengesetzt ist jetzt schon sowas von dicht.“ Der Ruf nach erneuten Verschärfungen sei „Ausdruck von Hilflosigkeit“. Er fährt fort: „Die Schwachstelle des Waffengesetzes ist der Mensch selbst“, so wie im Fall von Tim K., wo die Waffe nicht dem Gesetz entsprechend gelagert wurde. Günter Beckstein sagt, in Zukunft solle man die Einhaltung der Vorschriften verstärkt prüfen.
Hätten die Eltern die Taten der Kinder verhindern können? „Pubertierende tauchen in Innenwelten, von denen Eltern nichts ahnen“, sagt Joachim Bensel, Verhaltensbiologe aus Baden-Württemberg. Daraus kann man folgern, dass Pubertierende häufig Geheimnisse haben. „Läuft es schlecht, verlieren Eltern in dieser Zeit den Überblick über Nöte, Fragen und all die Leidenschaften, die ihre Kinder bewegen“, erklärt Joachim Bensel. Eltern von Amokläufern hätten in der Regel versäumt wahrzunehmen, ob ihr Kind glücklich sei.
Peter Waldrich, Ländervorsitzender der Aktion Humane Schule in Baden-Württemberg meint: „Unsere Schulen setzen noch immer auf Selektion und Konkurrenz – und das verstärkt die immensen Defizite, die solche Täter ohnehin schon haben. Sie fühlen sich gekränkt und ausgegrenzt.“ Haug-Schnabel, Verhaltensbiologin, erklärt den Amoklauf mit der Rache. Der Mensch sei ein soziales Wesen, es verursache Ängste und Qualen, wenn er nirgendwo richtig dazugehöre. Am Ende hätten sich die Amokläufer so lange ins Unrecht gesetzt gefühlt, dass sie selbst Recht und Unrecht gestalten wollten.
Können Einlasskontrollen oder Metalldetektoren Amokläufe verhindern? Nein, können sie nicht. „Mögliche Täter werden immer einen Weg finden“, erklärt Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbands. „Wir brauchen eine Kultur des Hinschauens und Hinhörens; das wäre das Wirksamste“, äußert Josef Kraus, Lehrerverbandschef.
Man sieht, es gibt sehr viele Faktoren, die dazu führen können, Amok zu laufen: der exzessive Konsum von Filmen und Spielen mit Gewaltinhalten, durch den die Hemmschwelle sinkt, der einfache Zugang zu Waffen, wenn Eltern den Zugang zu den Kinder verlieren, wenn Schüler schnell frustriert sind und dadurch Depressionen bekommen und dann niemand das Problem bei ihnen erkennt.
Wobei jeder Faktor einzeln eher ungefährlich ist, aber wenn sie alle zusammenkommen, können sie eben zu solch einer Tat führen. „Gegen solche Faktoren hilft nur ein Bündel an Maßnahmen, an denen alle maßgeblichen gesellschaftlichen Kräfte und Institutionen mitwirken müssen“, erklärt der Lehrerverband. Da dies sehr schwer ist, müssen wir wohl damit rechnen, dass Tim K. nicht der letzte Amokläufer war. ZDF-Moderator Steffen Seibert las am Ende seiner Live-Sendung Folgendes vor: „Wir sollten uns eingestehen: Wir verstehen diese Tat nicht. Wir werden sie – letzten Endes – auch nie völlig erklären können.“ Dieser Meinung bin ich auch, denn es gibt keine wirklich nachvollziehbaren Gründe, Amok zu laufen und Menschen umzubringen.
Information zum Text:
Es handelt sich bei diesem Text um einen Aufsatz, den ich am 19.03.2009 in Deutsch geschrieben habe.
Quellen:
Der Spiegel, Nr. 12 / 16.03.2009, Seite 30 „113 Kugeln kalte Wut“
www.chip.de/…
www.chip.de/…
www.faz.net/…
www.bildungsklick.de/…
www.focus.de/…
www.focus.de/…
www.spiegel.de/…
www.spiegel.de/…
www.spiegel.de/…
6 Comments
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Meine Meinung zu dem Thema "Killerspiele sind schuld":
Also ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass es manchen Politikern mehr um subjektive ästhetische Präferenzen und Wahlkampfziele geht, als um wissenschaftliche Erkenntnisse.
Ein wissenschaftlicher Zusammenhang zwischen "Killerspielen" und "sozial auffälligen Verhalten" ist meiner Meinung nach nicht herstellbar.
Ein Zitat von Angela Ittel stellt dies sehr deutlich dar:
"Killerspiele können die Hemmschwelle der Gewalt senken und dadurch sogar präventiv Gewalt vorbeugen"!!!
Mit der besten Fragestellung der Welt: "was wäre wenn ….?" kommt man eigentlich immer weiter.
Was wäre, wenn es keine Gewalt – und z. Bsp. auch keine Killerspiel geben würde? Wer könnte dann solch einen Irrsinn und Schwachsinn nachmachen? Wohl keiner, oder?
Damit dürften auch viele unausgereiften Antworten – und da das Thema (wie Tilo schreibt) sehr komplex ist mit dieser Frage weit hinterfragt werden können – und kaum noch eine Antwort, wie die vom 7. April so noch haltbar sein. Herzlichst Uli
Nachwort:
Unsere (einzige) Chance diese Welt wieder ins Lot zu bringen ist die, dass die nächsten Generationen liebevoll und mit Güte und Umsicht geführt und erzogen werden. Wir, die wir schon geprägt sind von vielen Dingen (ob positivem oder negativem) werden da kaum noch was auf die Reihe bringen.
@Ulrich H. Rose: Ich denke nicht, dass die Frage "Was wäre wenn…?" uns weiterbringt. Des sie bringt uns nicht weiter da es nun mal nicht so ist. "Was wäre wenn…mein Vater Millionär wäre…?" Zudem bin ich der Meinung, dass es ohne "Killerspieler" auch zu Amokläufen gekommen wäre bzw. kommen wird.
Lieber und geschätzter Tilo: Bitte lies mal Deinen Kommentar aufmerksam durch. Schon alleine das Fragment "..da es nun mal so ist" ist von Dir wohl sehr flach und unüberlegt gedacht. Auch der darauf folgende Satz zeigt, dass Du diese ideale Fragestellung nicht verstanden hast, denn was bringt es hier, wenn Du ein unpassendes Beispiel zu bringst, das nur (Dich und Andere) verwirrt.
Ein weiteres Beispiel (Deiner Art) dazu: "Was wäre, wenn jeder das Alkohol-trinken einstellen würde"
Eine mögliche (unüberlegte) Antwort: Na und! oder extrem schlimmer: Dann kiffen die!!
Eine mögliche und nach-gedachte Antwort wäre: Dann wäre ein Übel aus der Welt geschafft.
Ein gutes Beispiel wäre: "Was wäre, wenn Du länger über die "ideale Fragestellung" nachdenken würdest.
Möchtest Du den Original-Artikel dazu von mir haben, damit dies alles verständlicher wird?
Herzliche Grüße Uli
Um das Thema zu entschärfen (so hoffe ich) und zu vereinfachen:
Zu Deiner Frage zurück, die Du anfangs gestellt hast: „Lassen sich Amokläufe verhindern“
Klare Antworten:
Heute?: Nein.
Morgen?: Nein, wenn es solche – und leider viele – unüberlegte, zum Teil sehr kontraintelligente Antworten gibt, die keinen Zusammenhang zwischen Killerspielen und Amokläufen sehen (wollen!!!!!!!)
Noch einfacher: Liebe erzeugt Liebe. Gewalt erzeugt Gewalt. Killerspiele erzeugen ……….?????
In ferner Zukunft? Ja, wenn die Menschen verstehen (wollen).
Tipp: Bitte lies mal „zugeben können“ durch, dann weist Du worauf alle Probleme auf diesem Planeten reduziert werden können. Bitte „zugeben können“ über GOOGLE suchen. = Nr. 53
Zum Kommentar von U. Rose: Mir fällt es schwer, den Gedankengängen zu folgen und den greifbaren Nutzen der "Was wäre wenn"-Fragestellung zu erkennen. Die Vereinfachung Liebe erzeugt Liebe – Gewalt erzeugt Gewalt ist mir zu einfach, wenngleich es natürlich unzweifelhaft ein schöner Gedanke ist, so viel Liebe wie möglich in der Welt zu säen. Jeder kann es nach Kräften tun. Am besten, ohne andere abzuwerten.
Ich mag die Fragestellung: Was ist das Bedürfnis, dass hinter bestimmten Handlungen steht? Auf das Thema hier bezogen: Was haben die Fans der Shooterspiele für ein Bedürfnis? (Ich bin mir sicher, es geht NICHT ums Killen!) Lässt es sich vielleicht auch anders erfüllen? Wenn ja, gibt es geeignete Angebote?
Bei denen, die in Gefahr sind, in der Realität Gewalt anzuwenden (bis hin zum Amoklauf), ist meiner Überzeugung die beste Prävention, hinzuschauen und hinzuhören: was brauchen diese Menschen, wie lässt sich ihre Not (sicher sind sie in größter Not) abstellen oder lindern?
Ich bin begeistert von Marshall B. Rosenbergs "Gewaltfreier Kommunikation". Rosenberg hat einen Satz geprägt: "Gewalt [mit Taten oder Worten) ist der tragische Ausdruck eines ungestillten Bedürfnisses". Das ist meine Empfehlung zum Weiterdenken ….
Überlegt mal, welch eine Kompination "Killerspiele"! Was ist ein Killer? Da läuft es mir kalt den Rücken herunter. Was ist ein "Spiel"? Entspannung- Unterhaltung-Freizeitgestaltung. Schlimm finde ich die Tatsache, dass viele Kinderzimmer in der Freizeit "Kriegszonen" sind. Entspannung?!?
Testet mal gelegendlich eure Handflächen! Nicht selten sind diese feucht, oder? Ja, eine kleiner Gruß der körpereigenen Reaktion! Angst überwinden, oder gerade verarbeiten.
Viel wichtiger wäre doch, zu lernen, dass ich im Leben gewisse Dinge verlieren muss. Verlust ist nicht schlimm, denn man wächst daran und oftmals ist es sogar gut, verloren zu haben. Das können heute viele Jungs und Mädels nicht mehr. Die rasten akresiv aus und argomentieren völlig wirr und vor allem taktlos. Kinder und Jugendliche benötigen Aufmerksamkeit und vor allem aber Verständnis. Auch mal eine offens Ohr und das Versprechen zu schweigen. Wir hatten früher in Waiblingen (in den 70er Jahren) einen ev. Pfarrer (Wolfgang Früh), der war Spitzenklasse!!! Der hatte stets was zu rauchen und zu trinken. Da konnte man mitten in der Nacht mit seinen Problemen klingeln. Hilfe war dir da immer sicher. So mancher Ausreisser fand so den Weg zu den Eltern zurück.
"Dem Brillenglas der Liebe darf nie was entgehen!" Wäre jemand für Tim als echter und wahrer Freund dagewesen, würden mit Sicherheit noch alle leben. Für ihn war der Sinn des Lebens verloren. Dafür haben Menschen gesorgt, dass er so weit kam. Vergesst nie, jeder von uns kommt nackt und neutral zur Welt. Was aus ihm wird, das liegt an uns allen. An allen, die mit Menschen in Berührung kommen. Das Elternhaus, der Busfahrer, die Lehrer, die Nachbarn, Freude…..! ALLE!!!!!! So was, darf nie wieder geschehen und ist doch eigendlich für alle erkennbar? Zumindestens mit den Sinnesorganen Augen und Ohren. Oder ???
Wieviele von uns schauen aber weg und finden das Verhalten like Dieter Bohlen cool? Tja, vielleicht ist das das Problem! Achtet mal darauf, wer wen heute oder im Moment beleidigt oder vor versammelter Manschaft blosstellt, um sich als Held zu provilieren. Was für armselige Kreaturen, oder? Frag dich mal, wie muss sich das Opfer fühlen? Schlimm ist nur, dass viele nicht mehr mitfühlen können und wollen. Wieviele lachen, wenn jemand auf der Straße stürzt?
Achtet mal darauf, wie sich manche unser Mitmenschen verhalten. Verbale Gewalt ist die grausamste aller Gewalten!!! Also, der Mund ist die schlimmste Waffe der Welt. Da fällt mir der Klofper von "Bambi" ein. Als Bambi zum ersten mal auf die Beine stehen möchte, lacht Klopfer laut vor allen und meint: "Mensch, der sieht aber komisch aus!" Darauf ermahnt ihn seine Mutter und fragt:"Klopfer, was hat Vater gestern zu dir gesagt?" Mit rotem und gesenktem Köpfchen sagt Klopfer." Wenn man nichts schönes zu sagen hat, dann hält man den Mund!"